von Dr. Peter Fey, PMP

Die internationale Gruppe PMI Career Central, eine „official PMI group“ im Social Network „linked in“, diskutiert zurzeit in einem internationalen Dialog das Thema „Listening and Communicating Skills are Key“. Die Diskussion findet statt in der Reihe „Must-Haves for IT Project Managers“.

Ein ganz zentraler Punkt der Diskussion berührt die Frage, welche Erwartungen Unternehmen und Kunden an einen guten (idealen?) Projektleiter haben.  Ein Teilnehmer schrieb „for example, negotiating skills are good when dealing with scope; creativity can pay off when dealing with cost; team-building skills are important when dealing with resources”. Kommunikation umfasst hiernach bereits wesentliche zentrale Begriffe (und Aufgabenfelder) eines Projektleiters: SCOPE, COST, TEAM, RESOURCES. Der PMl-Kollege kommt dann (folgerichtig) zu der Schlussfolgerung: „good communication leads to customer satisfaction.”

Was aber heißt in diesem Zusammenhang „gut“. Was verhilft einem Projektleiter zu einer guten Kommunikation?

  • Ist es detailliertes Fachwissen?
  • Ist es ein standardisiertes, tabellenbasiertes Stakeholder-Management mit umfangreicher Stakeholderanalyse? Bekanntlich umfasst diese u. a. so bedeutende Aufgaben wie die Auftragsklärung, die Bestimmung der Betroffenheit der einzelnen Projektbeteiligten, der Chancen, die sie sehen, der Interessen, die sie verfolgen, der Risiken und des Konfliktpotenzials sowie der zugehörigen Maßnahmen (vgl. neben vielen anderen Werken auch PMI: A Guide to the Project Management Body of Knowledge, 4. Ausgabe, S. 244).
  • Ist es ein psychologischer Blick, der, folgt man Frau Dr. Iris Oltmann (Vortrag bei PMICC am 25.09.12), um einen soziologischen ergänzt werden sollte und auf diese Weise zu einem „systemischen“ Vorgehen führt (vgl. die Ausführungen im Download-Bereich für PMICC-Mitglieder)?
  • Ist es eine Mischung aus allen vorgenannten Punkten?

Ich weiß nicht, wie es Ihnen bei solchen Fragen geht. Ich finde Bilder hier manchmal äußerst hilfreich. Ein PMI-Kollege benutzte dieses in der o. g. Diskussion der PMI-Gruppe, um seine Sicht der Dinge zu verdeutlichen: „You need to put yourself in the other person’s shoes to understand their point of view and be able to decode their communication properly.”

Für mich umfasst das Bild folgendes: a) einen eigenen Standpunkt haben, b) einen anderen Standpunkt willentlich einnehmen und verstehen, c) der fremden Perspektive folgen können und d) dadurch die Absichten der Kommunikation des anderen korrekt entschlüsseln können. Für mich heißt das dann, wenn man das Bild weiterdenkt: Aus der zutreffenden Einschätzung der Position des Gegenübers auch dessen mögliche Kommunikationsbeiträge, Aktionen und Reaktionen ableiten zu können. In diesem Zusammenhang ist es für alle PL sicher sehr hilfreich, und ich gehe einmal davon aus, dass Sie mir hier zustimmen werden, im Hinblick auf die vielen Gegenüber im Projekt auch aus Sicht der Projektleitung die zutreffenden und erfolgversprechendsten Aktionen und Reaktionen bestimmt zu haben bzw. jeweils bestimmen zu können.

Versteht man das Kommunikationsmanagement auf diese Weise, so leuchtet es ein, dass es für alle übrigen Projektbereiche, etwa Scope, Time, Cost, HR, Procurement, um nur einige zu nennen, eine Querschnittsfunktion darstellt. Anders ausgedrückt, wer das Kommunikationsmanagement vernachlässigt, wird keine optimalen Ergebnisse in irgendeinem der anderen Bereiche erzielen können.

Um auf den Beginn dieser Ausführung über Kommunikation im Projekt zurückzukommen: PMI sieht daher in den Communicating Skills zurecht einen „KEY“-Faktor für das Führen und damit den möglichen Erfolg eines Projektes. PMI umschreibt diese Key-Aufgabe so: „Effective communication creates a bridge between diverse stakeholders involved in a project, connecting various cultural and organizational background, different levels of expertise, and various perspectives and interests in the project execution or outcome.“ (PMI: A Guide to the Project Management Body of Knowledge, 4. Ausgabe, S. 243.) Kommunikation weist im Hinblick auf diese PMI-Aussage und alle die oben angesprochenen Maßnahmen und Fähigkeiten tatsächlich viele Überschneidungen mit dem Bereich „Führung“ – auch Unternehmensführung im allgemeinem auf. Dies betrifft die Realisierung einzelner Vorhaben als auch die generellen Zielsetzungen.

Ein PMI-Kollege, der Mitglied in der oben genannten Gruppe ist, beschreibt  die Führungsaufgabe an einem Beispiel. (Dieses Beispiel ist meines Erachtens auch mit Blick auf Unternehmensführung generell zu verallgemeinern. Projektleiter erledigen in ihren Projekten Aufgaben wie in einem  Unternehmen.) “Usually, IT people are very analytical”. “They like to work independently, they have problems with communications; they like to fix things by themselves, using sometimes a lot of unnecessary work, and they also have problems prioritizing things. And here is where project managers should be part of the game, by organizing, facilitating, [effectively] communicating, and so on.” Der Kollege schlüpft gedankliche in die Schuhe des anderen, nimmt seine Art und Weise des Denkens und Handelns an und leitet aus dieser Erkenntnis heraus, seine eigene Handlungsstrategie ab. Selbstverständlich ist es hier so, dass er sich dabei Annahmen und Verallgemeinerungen bedient. Dies führt in einem ersten Schritt zu einem möglichen Szenario, das – und dies ist ebenfalls selbstverständlich – bei Auftreten neuer (widersprechender) Erkenntnisse zu einer neuen Bewertung der Situation und damit einhergehend zu einer Korrektur der von einem PL zu ergreifenden Maßnahmen führen kann. Dieses selbstkritische Führungsverhalten im Projekt kann auch als besondere Form der Führung in einem Unternehmen betrachtet werden. Die Unterschiede des Kommunikations- und Führungsverhaltens in Projekten sind nicht statisch, sondern je nach Projekt fließend.

Aus den Ausführungen der Kollegen und von PMI habe ich den Schluss gezogen, dass Kommunikation um mit Theodor Fontane zu reden ein weites Feld ist, das als Querschnittsfunktion ebenso die Mühe detaillierter Verzeichnungsarbeit erfordert als auch die – manchmal phantasievolle – Fähigkeit, sich in andere zu versetzen und deren Absichten zu verstehen. PMICC wird sich dem Thema weiter widmen sowohl in Beiträgen auf der Internetseite als auch in Vorträgen auf den PMICC-Meetings. Es wird uns freuen, wenn wir zum Thema viele geschriebene oder gesprochene Kommunikationsbeiträge erhalten. In diesem Sinne: Lasst und darüber reden!

Kommunikation im Projekt